Bürgerladen seit 1.4.2001

13_Anfangen wo andere aufhörenDen Bericht über „22 Jahre Dorfladen Otersen – von Bürgern für Bürger“ könnte man mit folgenden Schlagzeilen versehen:

  • „Anfang, wo andere aufhören“

oder frei nach Hermann Hesse

  • „Jedem Ende wohnt ein Anfang inne“

Angefangen hat alles mit einer Hiobsbotschaft – im Jahre 2000 mit der Nachricht, dass der letzte von früher 3 Lebensmittel-Läden in Otersen zum 31. März 2001 aus Altersgründen geschlossen werden sollte.

01_Dörfer verlieren GeschäfteUnser Ziel war die Sicherung der Nahversorgung und der Erhalt von Lebensqualität für uns Einwohner. Wir wollten die Zukunftsfähigkeit und Attraktivität unserer Heimatdörfer erhalten. Die Rahmenbedingungen waren alles andere als positiv:

  • Seit 1970 sank die Zahl der Lebensmittelgeschäfte drastisch, von 160.000 auf heute unter 40.000.
  • In der Elbe-Weser-Region verfügen 26 % der Einwohner in den fünf Landkreisen CUX, OHZ, STD, ROW und VER über keine Einkaufsmöglichkeit am Wohnort. In einigen Landgemeinden sind es bis zu 83 %, in der Gemeinde Kirchlinteln 45 %, in der Gemeinde Dörverden sind 63 % der Einwohner ohne Lebensmittelgeschäft am Wohnort.

02_Dörfer verlieren Geschäfte

03_Gründung200004_1Dorfladen

Wir gründeten einen Arbeitskreis, informierten uns in Bierde, Bendingbostel und Sottrum – hatten Ideen, verwarfen das ein oder andere – informierten in mehreren Bürgerversammlungen die Einwohner und gründeten am 6.12.2000 schließlich die Dorfladen-Bürgergesellschaft (GbR) mit 63 Gründungsmitgliedern und 103.000 DM Eigenkapital. „Wir“ entwickelten uns zum Laden-Betreiber, kümmerten uns um Lieferanten, wurden zum Arbeitgeber, zum Mieter von 140 qm Ladenfläche und sorgten für den Umbau und die Modernisierung des alten Lebensmittelgeschäftes der Familie Schlüter.

Am Sonnabend, 31. März 2001 beendete Irene Schlüter wie angekündigt im Alter von 67 Jahren ihre Geschäftstätigkeit.

Einen Tag später, am Sonntag, 1. April 2001 eröffneten wir unseren Bürger-Laden.

Vieles hatten wir richtig gemacht, trotzdem zahlten wir für Fehler „Lehrgeld“.

2005 tauschten wir Strom-fressende Kühlanlagen aus und investierten in neue, sparsamere Kühlregale und Kühltruhen. Später verschlechterte sich das lieferbare Sortiment unseres Hauptlieferanten MIOS (Edeka), so dass sich unser Jahresumsatz reduzierte. 2008 wechselten wir deshalb den Hauptlieferanten und werden seit dem von Bartels-Langness („Famila“ / Markant) beliefert. Unsere Jahresumsätze verbesserten sich wieder – vom Tiefstand 270.000 € auf über 300.000 €.

05_Welt-ReportageSchon in unserem 1. Dorfladen in gemieteten Räumen erhielten wir oftmals „Besuch“ von überregionalen Medien, darunter die Frankfurter Rundschau. Ein Wirtschafts-Journalist der „Welt“ und sogar ein Fernsehteam des ZDF für das Wochenmagazin „Länderspiegel“ berichteten über uns. In diesen Reportagen wurde die Bedeutung des Bürgerengagements für die Lebensqualität der Menschen und die Zukunftsfähigkeit des Dorfes gewürdigt.

06_Zukunftskonzept„Stillstand ist Rückschritt“ – deshalb wollten wir unseren Dorfladen gerne um ein DorfCafé, ein Mehrgenerationen-Café erweitern. Rechtzeitig vor Ablauf des 10-jährigen Mietvertrages mussten wir uns Gedanken über unsere Zukunft und die Standort-Frage machen. Wir entwickelten ein Zukunftskonzept, konnten uns am alten Standort aber leider nicht weiterentwickeln.

07_Presse201007_Presse2010bEbenfalls am Steinfeld gelegen stand 2010 das über 3.000 qm große Grundstück „Steinfeld 9“ zum Verkauf. Das ehemalige „Kruse´sche“ Fachwerkhaus bot Platz für eine Erweiterung und das 1999 um einen Fachwerk-Erweiterungsbau ergänzte, 200 Jahre alte Fachwerkgebäude hatte auch Platz für unsere Café-Pläne. Mit 83 % Zustimmung entschieden wir uns dann in der 3. Bürgerversammlung für einen Standort-Wechsel und das Konzept „Eigentum statt Miete“. Diese Entscheidung im Jahr 2010 war sicherlich noch ehrgeiziger, als die Dorfladen-Gründung im Jahr 2000.

„Ländlicher Raum schaut auf Otersen“ – berichtete die Presse. Wir gründeten den wirtschaftlichen Verein, erwarben beim Notar den Grundbesitz Steinfeld 9, wurden zu Eigentümer, Bauherren und Darlehnsnehmer und bereiteten die große Altbau-Sanierung und den Erweiterungsbau vor. Hinter den Kulissen wurde fleißig an der Gesamtfinanzierung gearbeitet und Fördermittel wurden eingeworben.

Immobilie1Am Sonnabend, 9. April 2011 war es dann soweit. Letzter Verkaufstag am alten Standort bis 13 Uhr – gleich danach Umzug von Steinfeld 21 nach Steinfeld 9 und am Sonntag, 10. April 2011 – pünktlich um 8.00 Uhr begann der 1. Verkaufstag in unserem neuen, eigenen Dorfladen.

Unser besonderer Dank gilt

  • der Gemeinde Kirchlinteln
  • dem Amt für Landentwicklung Verden, dem Land und der EU
  • dem Landkreis Verden
  • der Kreissparkasse Verden für die langfristige Immobilien-Finanzierung
  • der Stiftung der Kreissparkasse Verden für die Zuwendung an die Dorf- und Vereinsgemeinschaft Otersen für das Teil-Projekt „Mehrgenerationen-DorfCafé“

Aktive Bürgerinsbesondere aber den

  • über 70 Bürgern für mehr als 5.000 Stunden Eigenleistungen
  • unseren Mitgliedern für weitere 50.000 € Eigenkapital

Am 1. Mai 2011 eröffneten wir unser AllerCafé und im August 2011 wurde die von uns ausgebaute Wohnung im Dachgeschoß von unseren Mietern, der Familie Koch bezogen.

Über die Bauzeit 2010 und 2011, die Fertigstellung und die Einweihungsfeiern berichten wir ausführlich mit einer Bild-Präsentation auf der Seite „Unsere Immobilie Steinfeld 9“.

09_Presse_Neue Dorfläden braucht das LandNach der Inbetriebnahme unseres neuen Dorfladens mit AllerCafé riss das Interesse überregionaler Medien nicht ab:

  • Weser-Kurier,
  • Hannoversche Allgemeine Zeitung,
  • die „Welt“, NDR Info, Spiegel TV
  • ein Fachmagazin für Shopping-Center
  • und sogar „National Geographic“ – Fotos unten: Enver Hirsch (C)

NG2014

berichteten ausführlich über unseren Dorfladen und das Bürger-Engagement in unserem Dorf.

In einem 4-seitigen Bericht im Magazin „German Council of Shopping Centers“ hat es die freie Journalistin Rahel Willhardt richtig gut auf den Punkt gebracht – so gut hätten wir es selbst gar nicht ausdrücken können – deshalb erlauben wir uns mit einer Zusammenfassung der Zitate aus dieser Reportage zu schließen …..  ANFANGEN, WO ANDERE AUFHÖREN …. und IN JEDEM ANFANG WOHNT EIN ZAUBER INNE.