Professorin aus Japan informiert sich im Dorfladen

Prof. Dr. Tomoko Ichida, Professorin an der privaten Elite-Universität MEIJI UNIVERSITY hospitiert noch bis Januar am Bundesforschungsinstitut für ländliche Räume, dem Thünen-Institut in Braunschweig und informierte sich am 15. Juli in einem fast dreistündigen Gespräch im Dorfladen Otersen mit dem Vorsitzenden der Dorfladen-Bundesvereinigung über bürgerschaftlich organisierte Dorfläden, die Auswirkungen auf die Dorfentwicklung und die Herausforderungen für die Zukunft.Die Uni-Professorin aus Japan hatte vor dem Gespräch einen umfassenden Fragen-Katalog nach Otersen gesandt. Die vielfältigen Detail-Fragen wurden im Gespräch im AllerCafé gleich neben dem Dorfladen Punkt für Punkt von Günter Lühning beantwortet. Die zurückliegenden 17 Jahre seit der Gründung der Dorfladen-Bürgergesellschaft mit anfänglich 63 Mitgliedern, die ersten 10 Jahre in den gemieteten Räumen des früheren Lebensmittelgeschäftes der Familie Schlüter,die Umwandlung in einen wirtschaftlichen Verein mit heute 160 Mitgliedern und gut 100.000 Euro eingebrachtes Bürger-Kapital und 2011 der Umzug in die Vereins-eigene, größere Dorfladen-Immobilie mit AllerCafé ließ Günter Lühning Revue passieren.

Prof. Dr. Tomoko Ichida interessierte sich für die Altersstruktur im Dorfladen-Verein mit Frauen und Männern zwischen 25 und 93, von denen jedes Mitglied 250 Euro Kapital-anteil eingebracht hat. Erstaunt war der Gast aus Japan, das der kleine Lebensmittel-Laden zum zweiten Mal eine junge Frau zur Verkäuferin ausbildet. Wie unterscheiden sich frühere Dorfläden und große Supermärkte von den modernen Bürgerläden, wollte Tomoko Ichida wissen. Bei einem Rundgang durch den Dorfladen mit 180 qm Verkaufs-fläche und im Gespräch arbeitete Günter Lühning die wesentlichen Unterschiede heraus. Auf 180 qm Verkaufsfläche bietet der Dorfladen mehr als 2.500 verschiedene Artikel und hat damit ein größeres Sortiment als herkömmliche Discounter, aber deutlich weniger als die großen Supermärkte. „Wir haben alles, was man zum Leben braucht. Was wir nicht haben, besorgen wir – oder man braucht es nicht zum Leben“, antwortete Günter Lühning. „Wir setzen auf Marken-Artikel, gute Eigenmarken zu Discounter-Preisen, Bio-Lebensmittel, Fair-Trade-Produkte und ganz besonders auf Regionale Produkte aus dem 40 km-Umkreis, überwiegend aus dem Aller-Leine-Tal“, so der Vorsitzende der neuen Dorfladen-Bundesvereinigung, in der sich inzwischen Bürgerläden aus acht Bundesländern zusammengeschlossen haben.

Günter Lühning

„In einem bürgerschaftlich organisierten Dorfladen geht es nicht nur um den Einkauf von Lebensmitteln und Artikeln des täglichen Bedarfs. Durch das Angebot von möglichst vielen Dienstleistungen werden die kleinen Lebensmittelmärkte multifunktionale Dorfläden mit möglichst vielen Angeboten unter einem Dach. Kombiniert mit einem Café für alle Generationen erfüllen die Dorfläden auch eine sozio-kulturelle Funktion, werden zum Treffpunkt für die Dorf-Bevölkerung, sind Anlaufpunkte für auswärtige Gäste und fördern die sanfte Erholung in einer ländlichen Region, weil beispielsweise Fahrrad-Touristen hier gerne einkehren“, erläuterte Günter Lühning.

Abschließend ging es um das Bürgerengagement und die Bedeutung von Dorfläden für die zukünftige Entwicklung ländlicher Räume. „Stirbt der letzte Laden im Dorf, wird ein Dorf schnell zum sterbenden Dorf. Angemessene Bus-Verbindungen, insbesondere aber Kindertagesstätten und möglichst Grundschulen sowie Einkaufsmöglichkeiten im Dorf seien wichtige Infrastruktur-Einrichtungen, die über die Zukunft der Dörfer und die Lebensqualität der Einwohner entscheiden. Ohne Bürgerengagement haben Dörfer im ländlichen Raum keine gute Zukunft vor sich“, ließ Günter Lühning den Gast aus Japan in den Notizblock schreiben. „Engagierte Bürger haben lebendige Dörfer“, fasste Günter Lühning zusammen. Das sei dem 500 Einwohner zählenden Dorf Otersen vor 10 Jahren beim Bundessieg „Unser Dorf hat Zukunft“ auch von der Fachjury attestiert worden.

Prof. Dr. Tomoko Ichida von der Meiji University in Japan informierte sich am 15. Juli 2017 im Dorfladen Otersen und im Bundes-Golddorf „Unser Dorf hat Zukunft“ in Otersen

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